Unternehmen berichten: Kosten und CO₂ einsparen durch Druckluftoptimierung
Viele produzierende Unternehmen sehen sich spätestens seit dem Herbst 2022 mit ihren hohen Energieverbräuchen konfrontiert. Auch im Kontext des Klimaschutzes. Das Einmaleins der Energieeffizienz hilft Ihnen nur wenig beim Reduzieren des Verbrauchs und sie stehen vor der Herausforderung sich mit fortgeschrittenen Maßnahmen auseinanderzusetzen. Erfahren Sie in diesem Beitrag, wie die IBU-tec Gruppe mit Hilfe der Optimierung der Drucklufterzeugung Kosten, Energie und klimaschädliche CO₂-Emissionen einsparen konnte.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben. Wir freuen uns, wenn Sie sich und Ihr Unternehmen den Lesenden kurz vorstellen.
IBU-tec: Die IBU-tec Gruppe bietet Dienstleistungen, Services und Produkte für die chemische Industrie, für Kunden aus aller Welt und in unterschiedlichsten Branchen an. Wir haben über Jahrzehnte eine Expertise für Drehrohröfen und thermische Prozess- und Verfahrenstechnik aufgebaut. An vier Standorten in Deutschland arbeiten ca. 240 Mitarbeiter – in Laboren, an Produktionsanlagen, in der Entwicklung, im logistischen Support und weiteren Bereichen. Der Standort in Weimar hat eine Tradition, die bis ins 19. Jahrhundert reicht.
In unserem Servicegeschäft erarbeiten wir maßgeschneiderte Prozesslösungen für Kunden – vom Labormaßstab bis hin zur Lohnfertigung oder zum Engineering für die kundeneigene Produktion. Besonders für Verfahren in Drehrohröfen hat sich die IBU-tec AG einen internationalen Ruf erworben.
Spezialisierte Eigenprodukte bilden den anderen Aspekt der Gruppe: von metallorganischen Katalysatoren und Glascoatings über Pigmente bis hin zu Batteriematerialien.
Inwiefern ist betrieblicher Klimaschutz für IBU–tec relevant?
IBU-tec: Klimaschutz für die IBU-tec Gruppe von großer Bedeutung. Zum einen erkennt IBU-tec die Dringlichkeit des Klimawandels und die Auswirkungen, die er auf die Umwelt und die Gesellschaft hat. Wir möchten Verantwortung übernehmen und einen positiven Beitrag zur Bewältigung dieser globalen Herausforderung leisten.
Klimafreundliches Wirtschaften ist seit einigen Jahren fester Teil unserer Unternehmensstrategie.
Darüber hinaus erkennt die IBU-tec auch die wirtschaftlichen Vorteile des Klimaschutzes. Durch die Implementierung nachhaltiger Praktiken können Kosten gesenkt, Energieeffizienz verbessert und Ressourcen effektiver genutzt werden. Dies kann zu langfristiger Kosteneinsparung und Wettbewerbsvorteilen führen.
Nicht zuletzt spielt auch das Image eine Rolle. Immer mehr Kunden legen Wert auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Für unsere Kunden hat das Thema Klimaschutz im Rahmen ihrer Lieferketten verstärkt Bedeutung gewonnen. Hier stehen wir in einem ständigen Austausch über Möglichkeiten und Maßnahmen. Auch bei unseren jungen Kolleg:innen und Bewerber:innen spüren wir schon, dass ein verstärktes Interesse besteht in einem Unternehmen zu arbeiten, das sich für Klima und Umwelt einsetzt.
Zusammenfassend ist Klimaschutz also aus ethischen, wirtschaftlichen und imagebezogenen Gründen für uns von großer Bedeutung. Es ist ein Thema, das uns alle betrifft und bei dem wir gemeinsam handeln müssen, um eine nachhaltige Zukunft zu schaffen.
Wie haben Sie herausgefunden, wodurch Sie effizient CO₂-Emissionen einsparen können?
IBU-tec: Seit 2020 widmet der jährliche Energiebericht ein Kapitel den Emissionen im Unternehmen. Erstmals wurden hier die Quellen geordnet, benannt und mit Zahlen hinterlegt. Dadurch konnten wir besonders energieintensive Prozesse identifizieren und Maßnahmen einleiten, um den Energieverbrauch zu senken. Der Fokus unserer Maßnahmen lag klar auf der Reduktion unseres Energiebedarfs, der verringerte CO₂-Ausstoß war ein positiver Nebeneffekt, über den wir uns natürlich sehr gefreut haben.
In 2022 wurde im Unternehmen die erste CO₂-Bilanz erstellt und wird nun jährlich fortgeführt. Die Übersichten und Darstellungen der Ergebnisse verdeutlichte unsere Grundsituation. Die potentiell größten Emittenten waren uns bereits vor der THG-Bilanz bekannt. Um Energie zu sparen, wurde bereits das Augenmerk auf den Einsatz von Ressourcen und eine effiziente Technologie gesetzt. Der Nebeneffekt war hier die sukzessive Reduzierung der Emissionen.
Welche Klimaschutzmaßnahmen setzen Sie bereits um?
IBU-tec: Aufgrund der CO₂-Bilanz wurde der jährliche Verbrauch von elektrischer Energie als zweithöchste Emissionsquelle klassifiziert. Die Unternehmensführung hat daraufhin entschieden, bei Energieeinkauf auf CO₂ neutral erzeugte Stromprodukte zu setzen. Die resultierenden Emissionen aus dem Stromverbrauch konnten so auf 0 CO₂ kg/kWh reduziert werden. Aktuell plant die IBU-tec die Investition in einen Photovoltaikpark zur Energieerzeugung und -nutzung. Damit werden wir in der Lage sein, unseren gesamten Bedarf an elektrischem Strom abzudecken. Zusätzlich können wir Überschüsse in das örtliche Stromnetz einspeisen.
Anhand des konsequent erfassten und jährlich bilanzierten Stromverbrauches aller Verbrauchsgruppen im Unternehmen ließen sich weitere Reduktionspotentiale ableiten. Möglich wurde dies durch den Einsatz einer Energiemanagement-Software. Hier werden alle Stromzähler erfasst und über eine Reportfunktion ausgewertet. Grundlage ist die transparente Darstellung der energetischen Verteilung.
Daran ließ sich sehr gut erkennen, dass die Drucklufterzeugung einen sehr hohen Energiebedarf hat. Eine effiziente und optimierte Erzeugung der Druckluft bildet einen wichtigen Beitrag zur ressourcenschonenden Energienutzung. Ein konsequent maximierter Erzeugungsprozess spart aktiv elektrische Energie und damit CO₂-Emissionen, die aus deren Herstellung resultieren.
Was genau bedeutet die Maßnahme “Optimierung der Drucklufterzeugung” ? Erzählen Sie uns gern mehr dazu.
IBU-tec: In der umfangreichen Prozesstechnik an den Produktionsstandorten stellt die Druckluftversorgung einen wichtigen Grundpfeiler als Energieträger dar. Sie ist an nahezu allen technischen Teilprozessen beteiligt und hat direkten Einfluss auf die Produktqualität.
Wir benötigen Druckluft in verschiedenen technischen Prozessen. Die Drucklufterzeugung ist eine unternehmensweite technische Anlage. Sie besteht im Kern aus vier eigenständigen Kompressoren, welche parallel eine Ringleitung speisen und im gesamten Unternehmen verteilt sind. Über die Ringleitung des Systems werden alle Verbraucher erreicht. Dies sind u.a Förderorgane, Antriebe und Filterabreinigungssysteme an den Produktionsanlagen.
Das gesamte Versorgungssystem wurde in mehreren Stufen optimiert. Die erste Maßnahme war die Implementierung einer übergeordneten Steuerung. Diese regelt die Kompressoren u.a. hinsichtlich Druckluftbedarf, Lastverlauf und Wartungsintervallen. Gleichzeitig wurden neue Kompressoren angeschafft, zwei leistungsstarke, baugleiche Maschinen und eine regelbare Führungsmaschine.
In Kombination mit der Steuerung kann also nun der Druckluftbedarf optimal bedient werden. Die Führungsmaschine kann punktgenau die benötigte Menge liefern und nach Erreichen der Leistungsgrenze werden die übrigen Maschinen in kaskadenform zu- oder abgeschaltet.
Als weitere Maßnahme wird die anfallende Abwärme der Maschinen genutzt, die andernfalls der Umwelt zugeführt worden wäre. In der Heizperiode nutzen wir die Abwärme außerdem, um die Produktionshallen zu erwärmen. Darüber hinaus wird dem Ölkreislauf des Kompressors mittels eines Wärmetauschers Wärmeenergie entnommen und dem Rücklauf der Heizungsanlage zugeführt. Ganzjährig wird so der Erdgasbedarf unserer Heizungsanlage reduziert.
Konnten Sie mit den Klimaschutzmaßnahmen bereits CO₂-Emissionen, Energie oder sogar Kosten einsparen?
IBU-tec: Ja, die Maßnahmen führten schnell zu sichtbaren Erfolgen. Bei 4.000 Betriebsstunden im Jahr ergaben sich für die Abluftwärmenutzung Einsparungen für Erdgas in Höhe von 94.400 m³ und 188 t CO₂. Bei der Wärmerückgewinnung aus dem Ölkreislauf werden 74.000 m³ Erdgas eingespart, was 148 t CO₂ entspricht.
Sind Sie auf Herausforderungen gestoßen? Wenn ja, wie konnten Sie diese überwinden?
IBU-tec: Ein Aspekt, der für uns als Unternehmen natürlich eine zentrale Rolle spielt, ist die Wirtschaftlichkeit jeder Investitionsmaßnahme. Hier hat sich schnell gezeigt, dass aufgrund der zahlreichen Vorteile hinsichtlich Einsparungspotenzial an Betriebskosten und CO₂ sowie einer gesteigerten Effizienz in der Überwachung und Wartung/Instandsetzung der neuen Anlage positive wirtschaftliche Effekte zu erwarten waren.
Haben Sie Tipps zur Maßnahme Drucklufterzeugung für andere Unternehmen?
IBU-tec: Die Sammlung und Auswertung von Betriebsdaten über mehrere Jahre ist Grundvoraussetzung für die Optimierung von Anlagen. Weiter ist das Zusammenspiel zwischen Anlagenoptimierung und Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit nicht zu unterschätzen. Bei geplanten Investitionen sollte eine fachliche Beratung, sofern die Expertise nicht im eigenen Unternehmen vorhanden ist, auf jeden Fall in Anspruch genommen werden.
Interviewpartner
Guido Michel ist bei IBU-tec advanced materials AG zuständig für Dokumentation und Energiemanagement (EnMB).
Er begleitet die Stelle des Energiemanagementbeauftragten im Unternehmen. Er berät die Geschäftsleitung und koordiniert rund um das Thema Energie. Schwerpunkte sind unter anderem Effizienz, Kennzahlenbildung, Analyse und Managementsysteme. Darüber hinaus unterstützt er Planungs- und Investitionsprojekte im Unternehmen.
Autorin
Saskia Schmidt
BVMW | Förderprojekte | Projektmanagerin KliMaWirtschaft